FELL ENGEL

Mensch-Hund-Coaching

Was uns zum Coaching motiviert 


Als ich vor gut einem Jahr Frieda, eine imposante Leonbergerhündin mit HSH-Anteil, das erste mal im Tierheim sah war mein erster Gedanke: Dieser Hund ist vollkommen entwurzelt... Nachdem ich von ihrer Vorgeschichte erfahren habe war mir klar, wie recht ich hatte. Frieda war mittlerweile 2 Jahre alt und saß seit einem dreiviertel Jahr im Tierheim. Verunsichert, verängstigt, schüchtern... und dennoch mit einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein im Freilauf. Sie war zu einem Panikhund geworden... traumatisiert... ein Fall für einen Psychiater. Hunde-affin und psychologisch gut aufgestellt war ich bereit für das Lebensabenteuer mit ihr... unter der Voraussetzung, dass der Hund mir signalisiert, dass er mit mir mitgeht.

Schon beim ersten Kennenlernen im Freilauf rückte sie nach kurzer Zeit immer näher an mich ran, während ich mich mit der Tierpflegerin unterhielt, und ließ sich von mir streicheln. Bei der zweiten Begegnung rollte sie sich neben mir auf den Rücken, damit ich sie kraulen konnte. Beim dritten Besuch wurde ich bereits stürmisch begrüßt, indem sie mich ansprang. Das Eis, sofern es das zwischen uns je gegeben hatte, war gebrochen. Ich war die erste fremde Person, neben den Tierpflegern, zu der sie freiwillig und mit nicht zu verkennender Freude kam. Die Tierpflegerin war ein wenig verwundert und ich war höchst erfreut. Das JA des Hundes zu mir war eindeutig. Vier Wochen besuchte ich sie von nun an alle zwei Tage, um sie etwas besser kennen zu lernen.

Dann kam der Tag des Umzugs. Zu der Zeit lebte ich bereits seit einem halben Jahr in unserem Friedenswohnwagen, mitten unter Schafen. Frieda kam und zog mit einer Selbstverständlichkeit bei mir ein, als wenn sie ein Leben lang nie woanders gelebt hätte. 

Doch dann folgte eine für mich sehr aufregende und anstrengende Zeit, in der auch ich hier und da an mir und meinen Fähigkeiten zu zweifeln begann, diesen Hund jemals halbwegs alltagstauglich zu bekommen. Ich sah mich schon lebenslang auf einsamen Wegen mit diesem Hund. Jeder Mensch, der uns entgegen kam, war für Frieda eine gefühlte potentielle Gefahr. Mehr als ein Mensch löste sofort eine Panikattacke bei ihr aus... von jetzt auf gleich auf 200 und Flucht in die entgegengesetzte Richtung. Kinder oder Stimmen, ohne Menschen zu sehen, hatten die gleiche Wirkung. Straßen mit Häusern waren nach einer Weile immerhin unter Einsatz all meiner Kraft und Ruhe in kleinen Happen zu schaffen. Jeder fremde Ort, auch ein Wald, löste in ihr zunächst ein panikhaftes Abscannen des Gebietes aus. An ableinen war nicht im entferntesten zu denken... dachte ich.

Doch dann erinnerte ich mich an meinen Lehrmeister "Hunter", mein Parson-Russel-Terrier, der mich über 18 Jahre begleitete. Er konnte Stress am besten durch freies rennen abarbeiten und wurde so im Laufe der Jahre zu einem nicht nur sehr umgänglichen, sondern auch ausgeglichenen Hund. Frieda hatte ihre Geschichte des Herumreichens im Gepäck, eine dadurch versäumte Pubertät und fast ein Jahr "Knast" im Tierheim. Ein Hund, in Freiheit gezeugt und geboren, für die Freiheit in der weiten Natur gemacht, nun gegängelt und eingesperrt in unserer Zivilisation. Entwurzelt und verstört durch Menschen, die immer in bester Absicht gehandelt haben, aber nie gesehen haben, wie sehr dieses Wesen litt. Nachdem ich das begriffen hatte, wusste ich, was ich tun musste: Drei Monate lang fuhr ich in einen 20 km entfernten Wald, den ich gut kannte. Hier konnte ich sie ableinen, ohne Gefahr für den Hund oder andere. 

Wir arbeiteten an unserer Beziehung. Erziehung im klassischen Sinne stand nicht auf dem Programm. Ich wusste, dass sich das fast von alleine einstellen würde, sobald die Beziehung zwischen uns gefestigt und solide war. Da sie in ihrem jungen Leben die Spielfreude verloren hatte, musste ich mir immer wieder etwas einfallen lassen, wie ich mit ihr "arbeiten" konnte. Leckerchen waren auch nicht ihr Ding. Aber kuscheln, schmusen und kraulen liebte sie. 

Da gab es noch ein weiteres Feld, an dem wir arbeiten mussten. Sie war ein grenzenloser Wildfang, der alle Energie darauf verwendete vor Fremden abzuhauen, um mit der gleichen Energie zu Artgenossen hinzuflitzen. Bei einem Hund von der Größe eines Mini-Ponys auch nicht sehr lustig. Mehrfach fand ich mich unvermittelt in der Waagerechten auf Mutter Erde wieder. Sie an Bäume binden während sich Artgenossen näherten brachte uns auch nicht weiter. Nach kurzer Zeit hatte sie verstanden, dass sie so nicht zu anderen Hunden kam. Also wartete sie auf die nächste Gelegenheit, die unweigerlich, ohne Baum, irgendwann kam...

Bis ich mich eines Tages fragte, warum ich ihr den Kontakt zu Artgenossen verweigern wollte... und kam zu dem Ergebnis, dass meine Absicht nicht dem Wesen eines Hundes entspricht. Frieda ist zwar groß, aber absolut friedfertig und aggressionsfrei. Warum also dieser unsinnige Kampf? Lieben heißt loslassen... Jetzt war eine grundlegende Arbeit an mir und meiner Gedankenwelt nötig. Was zeichnet eine gute Beziehung aus? Liebe, Achtsamkeit, Respekt, Mitgefühl, Verständnis, Toleranz und VERTRAUEN. Also arbeitete ich an meinem Vertrauen zu ihr, die mir längst viel mehr vertraute als ich ihr. 

Der Kontakt zu Artgenossen war letztendlich auch ein Schlüssel zum Abbau eines deutlich überzogenen Misstrauens gegenüber Fremden. Denn die Begleitung der Artgenossen waren Menschen. Ich ließ Frieda immer öfter los, anfangs hinterherrufend, dass sie ganz lieb sei... blieb dann bei den Menschen stehen und unterhielt mich mit ihnen, erklärte unsere Situation. Die Menschen die wir trafen zeigten sich sehr verständnisvoll. So hat Frieda letztendlich über den für sie so wichtigen Kontakt zu Artgenossen ihre übertriebene Scheu und Angst vor Fremden ablegen können.

Heute, nach gut einem Jahr, ist sie aus jeder Situation sofort abrufbar und verhält sich sehr vorbildlich. Hier und da kann in unserer zivilen Welt schon mal das ein oder andere Unsicherheiten bei ihr auslösen. Aber keine Panik mehr. Mittlerweile sind ihre Nerven soweit zur Ruhe gekommen, dass sie beim Anlegen des Halsbandes nicht mehr unkontrolliert mit dem Kopf schlägt, sondern ganz ruhig sitzt und es geschehen lässt. Jetzt ist sie wirklich angekommen. Bei mir und bei sich selbst. Wo immer es geht begleitet sie mich ohne Leine. Unser gegenseitiges Vertrauen ist unerschütterlich. Sie ist jetzt der Hund, der seine Vergangenheit weitestgehend aufgearbeitet hat. Sie läuft, spielt! und kuschelt wie ein "ganz normaler Hund". Ihre aggressionsfreie Wachsamkeit hat dadurch in keinster Weise gelitten. Sie darf bei mir der Hund sein, der sie ist. Inklusive der HSH-Anteile. Sie ist für mich das Wertvollste, was ich habe. Ein kostbarer Schatz an meiner Seite.

Frieda & Ich wünschen uns von ganzem Herzen, dass möglichst viele Menschen das Gleiche von ihren Hunden sagen und fühlen können. Darum geben wir gerne Rückendeckung und Unterstützung, damit vor allem die Secondhand-Hunde ein möglichst für-immer-Zuhause gefunden haben und glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende bleiben dürfen.